Der
Pferdeschinder vom Escheberg
Vor alten Zeiten, als die Straße
nach Braunschweig noch nicht gepflastert war, hatten es die Pferde der Fuhrleute
schwer. Sie mußten die großen Lastwagen mit dem Kaufmannsgut auf der alten
Heerstraße durch Sand oder Schlamm und durch tiefe Schlaglöcher ziehen. Am
schlechtesten war der Weg kurz hinter dem Dorfe Dungelbeck, dicht vor dem
Escheberg. Hier war ein rechtes Sumpf loch, und gleich dahinter ging es stark
bergan. Alle Fuhrleute mußten hier von den Bauern aus Dungelbeck Vorspann
nehmen. Mit vier Pferden ging es besser durch den Dreck und über den Berg. Den
ganzen Tag vernahm man hier lautes Hü und Hott!
Damals lebte in Dungelbeck ein
Fuhrmann Meyer, der meist Steine fuhr und darum „Steinemeyer“ genannt wurde.
Der war ein rechter Pferdeschinder. Er nahm kein Vorspann. Wenn seine Pferde den
schweren Steinewagen den Escheberg nicht hinaufziehen konnten, dann hieb er
erbarmungslos auf sie ein. Die armen Tiere legten sich mit letzter Kraft ins
Geschirr. Am ganzen Leibe zitternd erreichten sie so die Höhe des Berges. Oft
kam es auch vor, daß solch ein gequältes Tier zusammenbrach. Der unmenschliche
Tierquäler trat es dann noch mit den Füßen, Er sah nicht die stumme Klage in
den Augen der gequälten Kreatur.
Eines Tages, als Steinemeyer
wieder unter gräßlichen Flüchen mit einem überschwer beladenen Steinewagen
den Escheberg hinauffuhr, brach der Wagen in einem tiefen Schlagloch zusammen.
Steinemeyer stand so unglücklich, daß er unter das Fahrzeug geriet und
totgequetscht wurde. So kam er dort ums Leben, wo er seine Pferde oft so grausam
geschlagen hatte. Die Strafe für sein böses Tun war nicht ausgeblieben. An dem
Orte seiner Grausamkeiten hatte die Gerechtigkeit ihn erreicht.
Er konnte auch im Grabe keine
Ruhe finden. Für seine Untaten wurde er an den Unglücksplatz gebannt. Noch
heute soll er im Escheberge spuken. Wenn ein Pferdewagen in dunkler Sturmnacht
über die alte Straße fährt, dann schalt aus dem Walde sein grausliches Rufen:
„Hotte hü - ü - ü! Hotte hü - ü - ü!“ Die Fuhrleute fahren schneller,
um eilig den ungastlichen Ort zu verlassen.
Wenn kleine Kinder in
Dungelbeck unartig sind, dann sagt wohl noch eine alte Oma: „Warte man, dei
Steinmeyer kummt un halt deck!“
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