Der Gluhschwanz

Der Gluhschwanz war ein Nachtgespenst, das wie ein glühender Drache aussah. Mit seinem langen, glühenden Schwanze flog er des Nachts über die Häuser hin. In Oberg, Handorf und Lengede ist er in früheren Zeiten gesehen worden. Es wird berichtet, daß er durch die früher offenen Schornsteine die Hexen besuchte und ihnen Korn oder Geld brachte, wenn sie ihm eine Schale mit süßer Milch auf den Herd gesetzt hatten. Wehe, wenn sie das nicht getan hatten, dann setzte er den Schornstein in Brand.

In Lengede erzählten die Alten von dem seltsamen Wesen noch folgendes. Wehe dem Bauern, der seinen Dienstleuten den richtigen Lohn nicht auszahlte, den man miteinander vereinbart hatte! Wehe dem Tagelöhner, der seinem Herrn nicht ehrlich diente, sondern Korn oder Eier stahl! Zu ihnen kam der Gluhschwanz um Mitternacht und flog über deren Häuser. Sein glühender Schwanz beleuchtete die Dächer der Bösewichter, so daß ihre Schandtaten offenbar wurden. Ab und zu setzte er sich auch auf die Schornsteine und ließ etwas hineinfallen, so daß alles Eingeschlachtete, das im Rauchfang hing, nicht mehr zu genießen war. Im ganzen Hause herrschte dann ein Pestgestank für viele Tage und Wochen.

Ehrlichen Leuten dagegen schüttelte er aus seinem Glühschwanze blanke Taler durch den Schornstein ins Haus. Der alte Trude, der eine große Anzahl von Kindern hatte, ist dadurch so reich geworden, daß er sich in der Gegend von Meinersen einen großen Bauernhof kaufen konnte.